Die „gute alte“ Zeit

1945 bis 1954

Für uns Kinder war es eine gute Zeit. Wir konnten auf der Straße spielen, es gab kaum Verkehr, wir waren oft im Prater, auch wenn das die russische Zone war, die Angst unserer Eltern war unbegründet, die russischen Soldaten waren zu uns Kindern sehr freundlich, ja direkt entgegenkommend. Im Prater gab es den Toboggan, wir haben unten die Matten zusammengelegt, hochgetragen und durften dann dafür kostenlos runterrutschen. Ein von uns sehr geschätztes Vergnügen. Ein kulinarischer Genuss für uns war der in Spiralen geschnittene Rettich der dort angeboten wurde, ebenso wie die Essiggurken. Vor allem für mich, da ich schon als Kind kaum Schokolade mochte.

An der Kirchenmauer ein kleines Loch in den Boden gegraben und mit Tonkugeln anmäuerln gespielt. Wer bunte Glaskugeln hatte war extrem vorsichtig um sie ja nicht zu verlieren. Tempelhüpfen mitten auf der Straße, Blinde Kuh und ähnliches mehr. In der Nähe gab es eine Spinnerei und die musterten immer die Konen aus. Diese wurden von uns zu langen Speeren zusammengesteckt und damit Ritterkämpfe ausgefochten. Auch hier gab es hie und da bunte und die waren heiß begehrt. 

Wir hatten kein Spielzeug, wir hatten Freunde und viel Phantasie.

Anders für unsere Eltern. Lebensmittelknappheit und nur gegen Marken, es fehlte so zirka alles was man noch im Krieg gewohnt war. Keine Waschmaschine, sondern Wäsche einweichen, am besten über Nacht, dann im Zuber kochen, und mit der Waschrumpel sauber reiben, und wenn man hatte, mit der Mangel trocken drehen, oder eben mit der Hand auswringen. Der Eiskasten, ein Kasten zu 2/3 Lagerfläche und zu 1/3 Behälter für Stangeneis, war auch schon ein Luxus. Da kam dann regelmäßig der Eismann mit der Eisstange und dem Stichel und stieß Stücke Eis in den Behälter. Und ein Zapfhahn, wo man dann das geschmolzene Eis als Wasser abließ.

Scherenschleifer und Lavendelweiber mit Ihren Gesängen auf der Straße oder im Hof boten ihre Dienste an, und die sündteuren Nylonstümpfe wurde bei Laufmaschen zum Repassieren gebracht. 

Es gab die Milchfrau, wo man zuerst noch mit der Kanne, später mit Glasflaschen die Milch holte. Unter uns Jungs war es Pflicht die Kanne, bei offenem Deckel, so schnell zu drehen das keine Milch verloren ging. Das gelang auch nicht immer. Auch eine Greislerei gehörte zum Alltagsleben, dort wurde immer eine Woche angeschrieben und am Wochenende abgerechnet. An der Ecke war in einem Souterrain ein Geschäft mit Waren aller Art, betrieben von einem Juden. Meine Mutter hat immer versucht am Montagmorgen die Erste im Geschäft zu sein, denn ein jüdischer Aberglaube besagt, wenn der erste Kunde nichts kauft, dann wird das eine schlechte Woche. Daher gab´s manches zum Sonderpreis.

Für uns Kinder das Paradies, für unsere Eltern eine schwere Zeit.